Tone Schmid, "Unter Über-Druck", 2022
Dokumentation zu einer Kunstaktion im Bunker von Hemau, 2022 im Rahmen der Ausstellung "Bunker22" des Berufsverbands Bildender Künstler Oberpfalz/ Niederbayern (https://www.kunst-in-ostbayern.de/)
Dauer: 22. Oktober - 27. November 2022
Öffnungszeiten: Samstag und Sonntag von 14:00 bis 17:00 Uhr
Beteiligte Künstlerinnen und Künstler: Antonia Gruber, Sabine Läufer, Renato Rill, Josef Rödl, Tone Schmid, Veronika Schneider & Konstantin Svechtarov“, Sketches“ (ukrainische Künstlerinnen und Künstler)
Adresse: Rieb 5, 93155 Hemau (Gelände der Firma Holzbau Semmler GmbH; https://www.semmler.bayern/artikel-bearbeiten/31-2022/216-friedliche-farbexplosion-im-atomschutzbunker)
Öffnungszeiten: Samstag und Sonntag von 14:00 bis 17:00 Uhr
UNTER
ÜBER
DRUCK
Licht- und Kameratechnik, Film (ab Sekunde 20): Werner Damböck, Regensburg (info@werda.net)
short version: https://youtu.be/7Qiy2paZVQY
Tone Schmids Ideenskizze:
Versuchsanordnung bzw. Farb-Spreng-Aktion, filmisch festgehalten, anschließende Ausstellung der „besudelten“ Installation; geplant ist eine Aktion, die den eigentlichen Sinn und Zweck des Bunkers als „Schutzraum“ pervertiert. Während er Sicherheit garantieren sollte, während draußen die Welt untergeht, möchte ich gerne im Bunker selbst eine „Gefahrensituation“, eine „Explosion“ durchführen um die scheinbare Sicherheit zu entlarven.
EXTRABLATT! EXTRABLATT!
Sensation: Putins geheime Kommandozentrale in Hemau entdeckt!
Für Putin hat der Kalte Krieg nie geendet. Im Westen hingegen wähnten sich alle in einem wohlig warmen Dauerfrieden, weshalb u.a. dieser Bunker aufgelassen wurde. Eben dies soll sich laut Tone Schmid, investigativer Objektkünstler, Herr Putin zunutze gemacht haben, indem er sich heimlich und über Jahre unbemerkt hier einquartiert haben soll, im Raum 32. Dieser Raum garantierte ihm, dem Paranoiden, bestens vertraut mit den Methoden des Geheimdienstes, absolute Rückgezogen- und Ungestörtheit, war abhörsicherer als der verwanzte Kreml. Hier also, im noch heute zum Teil sichtbaren, in die Jahre gekommenen ehemals prächtigen Intérieur, befindet sich der Rückzugsraum des russischen Präsidenten, seine Schaltzentrale und sein Experimentierfeld für perfide Pläne, Strategien, kriegerische Schachzüge auf dem Reißbrett, von Tschetschenien über Syrien bis zur Ukraine.
Fake news?
Der Spiegel des schäbigen Schminktischchens und der Kronleuchter – im angedeuteten Empire-Stil- stehen für Putins Macht- und Selbstverliebtheit. Auf dem Schminktisch: mit Farben gefüllte durchsichtige Behältnisse, die an Bomben erinnern.
Als Krönung seiner präsidialen Regentschaft hat sich Putin also eben hier, „im stillen Kämmerlein“ überlegt, sich ein Stück des verlorenen Schatzes des goldenen russischen Imperiums zurückzuholen und einzuverleiben.
Die „Schatzkiste“ steht dementsprechend für die Ukraine, die explodierenden Farben für Putins ungebändigte Gedanken und Maßnahmen zur Expansion seines Machtbereichs. Seit Kriegsbeginn steht er unter Druck, wie die Plastikbehälter, die mit Luftdruck durch einen Kompressor gesprengt werden. Es muss und wird was geschehen. Es gibt kein Zurück. Einmal in Gang gesetzt, ist der Prozess nicht zu stoppen, denn einen Rückzieher kann er sich nicht leisten, auch wenn alles außer Kontrolle zu geraten droht. Putin zündelt. Ist gierig wie Rumpelstilzchen. Wird er auch so enden?
Auf dem außen angebrachten, bewusst improvisierten „Gefechtsstand“: Druckregelventile, Luftschläuche, auch: Fake-Luftschläuche, die für alle anderen Unwägbarkeiten und unbekannten Einflüsse von innen und außen stehen (Waffenlieferungen für die Ukraine, Gaslieferungen nach Europa: Hahn auf/ zu …).
Die unter Druck gesetzten Behälter, gefüllt mit den Farben der Flaggen der am Ukraine-Krieg beteiligten Staaten sollen bersten. Sie stehen auch für die unberechenbaren Kräfte, die sich in Krisenzeiten Bahn brechen und entladen. Auf Herrscher- aber auch auf Volksseite (der Teddy-Bär steht für das russische Volk), auf Täter- wie auf Opferseite. Natürlich muss man auf den Angriff reagieren, aber wie?
Auch der Künstler wird unter Erwartungsdruck stehen.
Wie wird sich die entweichende Farbe im Raum entfalten? Wo und wie wird sie landen? Wie werden sich die Farben der Flaggen vermischen? Werden sie schon im Behältnis während des Aufblähens ineinanderfließen? Wird aus der weiß-rot-blauen Flagge des homophoben Putins gar ein Pink oder Lila entstehen? Welche Rolle wird Europa spielen, dessen Flagge ja aus den ukrainischen Farben besteht? Spritzer statt Sterne? Was wird der Bär abbekommen? Was ist, wenn nichts passiert?
Soll nachgeholfen werden?
Im besten Fall entstehen Wunsch-Bilder, Linien, die ein Anstoß sein sollen und eine Erinnerung, die vielleicht die Hoffnung auf einen Wandel, - auf ein „Miteinander“ statt eines „Gegeneinanders“ - aufzeigen. Deshalb müssen die hinterlassenen Spuren auch bleiben dürfen.